#3 Willst du mit mir reisen?

von 16. Feb 2023Deutschland

Die Sonnenstrahlen erhellten den Raum, der Wind wehte sanft und eine frische Brise schaffte es durch das Fenster, das einen Spalt geöffnet war. Eine herrlich entspannte Szene… gerne würde ich meinen ersten Beitrag so beginnen.

Wie alles begann

Nur kann ich das leider nicht. Die Monate und die Jahre vor der Radreise vergingen wie im Flug. Von morgens bis abends saß ich am Laptop und habe nur durchgearbeitet.

Ich habe nicht einmal registriert, ob es regnet, die Sonne scheint, wir gerade Sonnenauf- oder Untergang hatten. Wenn Marie-Lise mich nicht zwischendurch genötigt hätte etwas Vernünftiges zu essen, hätte ich mich nur von Kaffee und vielleicht der ein oder anderen Tütensuppe ernährt.

Marie-Lise: „Hey, weißt du noch, wie ich dir mal erzählt hatte, dass ich nach meinem Studium mit dem Fahrrad nach Kroatien fahren wollte?

Ich war tief in Gedanken und wusste gar nicht so genau, was sie gerade gesagt hatte. Wie lange stand sie schon in meinem Arbeitszimmer? „Ehmmm, ja klar!“

Marie-Lise: „Ich überlege das jetzt endlich zu tun. Hast du Lust mit mir zu fahren?“

Jetzt hatte ich den Faden verloren. Aus den Gedanken gerissen, die sich seit einiger Zeit ausschließlich um das Projekt und den Kunden drehten. Ich hob den Kopf und überlegte, warum sie mir das unbedingt jetzt sagte?

Konnten wir das nicht heute Abend besprechen, wenn wir wie jeden Abend spazieren gingen? Ich musste meine Gedanken um die Problemstellung vor mir wieder aufnehmen. Doch dafür brauchte ich Ruhe. Leicht genervt sagte ich: „Ach, so ein Kleinkrams wie bis nach Kroatien mache ich nicht. Wenn du irgendwann mal um die Welt reisen willst, sag Bescheid.“ Sie murmelte etwas und ging endlich, ebenfalls in Gedanken versunken.

Ja, das war gemein und ich habe mich auch schlecht gefühlt. Aber ich wollte weiterarbeiten.

Eine Woche später

Wieder wurde ich aus den Gedanken gerissen. Marie-Lise stand in meinem Arbeitszimmer. Ich hatte ein Déja Vu. „Ja, lass machen!“

Asad: „Hm? Was machen?“

Marie-Lise: „Mit dem Fahrrad um die Welt fahren.“

Asad: „Was?! Und was ist mit der Arbeit und meinen Unternehmen? …“

Marie-Lise: „Du hast doch selbst gesagt …“

Ja, ich hatte gesagt… ein Mann, ein Wort. Gesagt ist gesagt und zurücknehmen wollte ich es auch nicht! Also musste ich nun Wege finden, wie ich meine Unternehmen und das Projekt von unterwegs aus fortführen konnte… Nein, ich wollte die Arbeit nicht hinter mir lassen, da ich meine Arbeit wahnsinnig gerne machte.

Ich war und bin immer noch sehr gut darin und es fühlt sich für mich nicht nach Arbeit, sondern eher nach einem Hobby, einem Spiel, an. Warum sollte ich also etwas hinter mir lassen, wenn es mir doch Spaß bereitet? Ich habe es geliebt, im Projekt Probleme zu lösen, Ansprechpartner für knifflige Situationen zu sein, Leute und Aufgaben zu managen.

Wo sich jeder nur um seinen eigenen Arbeitsbereich gekümmert haben, habe ich die vielen kleinen komplizierten Puzzleteile miteinander verbunden und das Große Ganze erkannt und entziffert. Meine Regel war immer: Wenn du das Spiel mitspielen willst, musst du das Gesamtbild und die Spielregeln exakt kennen, ansonsten kannst du deinen Job nicht korrekt ausüben… Ich habe das Spiel geliebt!

Perfektionismus tötet Träume

Was sollte ich nun tun? Bis meine Selbstständigkeit und meine Unternehmen liefen, konnten vielleicht noch Jahre vergehen. Sollte ich bis dahin vielleicht warten? Oder zumindest, bis ich erste gute Umsätze generiert hatte? Was ist eigentlich ein guter Umsatz? 4-stellig? 5-stellig? 6-stellig? …

Wer nach einer 100%-igen Lösung sucht, wird in der Regel viel zu viel Zeit mit der Suche verbringen. Dann ist es schon zu spät. Weil es schon „zu spät“ ist, wird der Plan dann auch nie umgesetzt. So entstehen Gespräche mit Leuten, die seit Jahrzehnten von einer Reise, einem Abenteuer, einem Umzug, einem Jobwechsel, einem Traum schwärmen – diesen aber nie Wirklichkeit werden ließen und stattdessen nur im Konjunktiv, aka Traumtöter-Sprech, darüber reden… So möchte ich nie sein.

Deshalb lebe ich nach dem Motto: Egal, was es ist, egal welche Situation es ist, gehe den Pfad, den du bereits sehen kannst. Wenn du einmal dort angekommen bist, wird der weitere Weg schon von selbst sichtbar werden.

Deshalb habe ich mir über all das auch nicht so viele Gedanken gemacht und bin bei meinem Wort geblieben. Wir fahren mit dem Fahrrad um die Welt!

Tatsächlich haben wir uns in den letzten 3-4 Monaten vor der Reise hauptsächlich um die Ausrüstung gekümmert. Wir haben weder im Detail geplant, wo es wann hingehen soll oder wie lange wir eigentlich reisen wollen. Wir haben natürlich unsere groben Vorstellungen und Ideen. Diese stellen die großen Meilensteine auf unserer Reise dar. Alles Weitere dazwischen werden wir spontan entscheiden.

Da ich meine Arbeit, meine Hobbies, meinen bisherigen Alltag nicht aufgebe, ist das kein Urlaub für mich. Es ist auch keine Reise oder irgendein einmaliges Abenteuer. Es ist einfach mein Leben. Ein Leben, wie jedes andere, mit Arbeit, Verpflichtungen und so weiter. Nur, dass wir jetzt zusätzlich Fahrrad fahren, unseren Alltag filmen und das alles aufbereitet der Welt präsentieren. Für alle, die auch Ja-Sager sind und solche, die es werden wollen…

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8 Kommentare

  1. Yasmin

    Lieber Asad, liebe Marie!
    Es ist toll mal eine kleinen Einblick in eure Gedanken, in dem Fall in deine Asad, zu bekommen! Es ist auch super geschrieben, das ein oder andere mal musste ich auch schmunzeln.
    Ihr seid so unglaublich mutig, besonders mit dem Hinterfrund deiner Arbeit, diese Reise angetreten zu sein – Respekt!
    Ich bin dankbar euch virtuell begleiten zu dürfen und bin gespannt wohin es euch noch verschlagen wird.
    Ich wünsche euch eine spannende Reise mit wunderschönen Begegnungen mit lieben Menschen die ihr treffen werdet.
    Vielen Dank für das aufwendige dokumentieren und eure Mühen und Liebe die ihr in die Video’s steckt!
    Ihr seid toll, macht weiter so und passt auf euch auf – allzeit Gute Fahrt.
    Liebe Grüße, Yasmin

    Antworten
    • Freiradler

      Liebe Yasmin, vielen herzlichen Dank für deine Worte! 😀 Es ist immer so schön, wenn wir andere mit unseren Beiträgen motivieren oder inspirieren können, oder ihnen einfach nur eine Freude machen können. Vielen Dank, dass du mit dabei bist!

      Antworten
  2. Andreas

    Euer erster Reise-Blog-Eintrag ist spannend und sehr unterhaltsam erzählt. Da schlummert ja direkt ein verborgenes Schreibtalent :-). Ihr könnt stolz auf Euch sein, dass ihr im Gegensatz zur Traumtöter-Sprexh-Fraktion wirklich den Mut hattet das auch durchzuziehen. Ich freue mich, dass ihr den Schritt gewagt habt und ich jetzt gespannt verfolgen kann was Euch antreibt und bewegt. Weiter so. Der Weg ist das Ziel und ihr seid auf einem sehr guten Weg 🙂

    Antworten
    • Asad

      Vielen lieben Dank Andreas für deine Worte. Das freut uns sehr 🙂 Wir sind auch sehr gespannt, was wir alles noch erleben werden…

      Antworten
  3. Jürgen Jung

    Hallo Asad, ich finde es super, wie du Job und Radreise verbinden kannst. Hätte ich auch gerne gemacht. Aber als Einkäufer in für mechanische Fertigungsteile in einem sondermachinenbau, muss ich leider vor ort sein. Wenn ihr mal in Schränken die scharnier anschaut und da steht Hettich drauf, da hatte ich meine finger im spiel😂. Die Maschinen die diese scharniere zusammenbauen, stellen wir her. Aber das nur nebenbei.
    Es ist bestimmt nicht einfach wärend der Reise zu arbeiten. Musst du dir nicht manchmal in den Hintern treten und sagen, jetzt muss ich aber arbeiten? Ich könnte mir keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen, als den wo man sich gerade auf der Welt befindet.
    Ich muss bis zum vorruhestand warten. Vorher hatten auch 3 Kinder und eine Frau Vorrang. Jetzt sind die Kinder gross, ich bin geschieden und kann nächstes Jahr Anfang Mai meinem Traum von einer längeren Radtour als drei Wochen beginnen. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem Job und euch noch viele Abenteuer auf der Tour. Ich werde euch begleiten 😂.
    Gruß Jürgen

    Antworten
    • Asad

      Hi Jürgen, das ist ja cool. Marie’s Papa arbeitet bei Hettich 🙂 er guckt auch immer in den Schränken rein und schaut Hettich Scharniere eingebaut sind 🙂 wenn alles nach plan läuft, werden wir nicht so schnell wieder ein Hettich Scharnier sehen 🙂
      Ja es ist tatsächlich so. Anfangs habe ich mich auf die Arbeitstage sehr gefreut, weil ich vom Radfahren wieder in die Routine zurückfallen konnte. Inzwischen ist es genau andersherum. Ich möchte nur noch Radfahren und mit meinen Hörbüchern und Podcasts alleine sein…
      Freut mich sehr, dass du dir deinen Traum von der längeren Radtour auch bald beginnst. Wir folgen uns ja bei Insta. Wer weiß, vllt. fährt man sich ja irgendwann irgendwo über den Weg 🙂

      Antworten
  4. Marion

    Wie wahr….man erkennt sich selbst auch in erschreckender Weise wieder! Umso mehr mein Respekt für euren Mut einfach die eine Tür zu schließen um dafür eine andere aufzumachen! …und dass Du/Ihr uns so offen auch teilhaben lässt! Liebe Grüße Marion

    Antworten
    • Asad

      Danke Marion 🙂 und ich / wir freuen uns sehr, dass du so gespannt unsere Reise verfolgst 🙂
      Liebe Grüße aus Dubrovnik

      Antworten

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